Filmpremiere von „Nilas Traum im Garten Eden“ am 5.4.24 in Heidelberg
Von Elena Hartmann
Heidelberg. Die meisten in Deutschland geborenen Menschen verlieren über ihre Geburtsurkunde nicht viel Schlaf. Man kramt sie heraus, wenn man einen Pass beantragen oder heiraten möchte. Danach verschwindet das Dokument wieder in der Versenkung. Ein Großteil der jungen Bevölkerung hat die eigene Geburtsurkunde vermutlich noch nie gesehen. Nila, einem kleinen iranischen Mädchen, geht es genauso. Erst mit sieben Jahren bekommt sie ihre zu Gesicht. Das Besondere: Das Dokument ist brandneu! Für die ersten Jahre ihres Lebens wurde Nilas Existenz von der Islamischen Republik Iran überhaupt nicht amtlich anerkannt.
Den steinigen Weg, den Nila und ihre Mutter Leyla bis zu diesem Moment nehmen mussten, hat die Heidelberger Filmemacherin Niloufar Taghizadeh (die RNZ berichtete) festgehalten. Am Freitag feierte ihre packende Dokumentation „Nilas Traum im Garten Eden“ in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Gloria-Kino Deutschlandpremiere. Die Zuschauer – unter ihnen mediale Schwergewichte wie Claus Kleber, Martin Pieper und Wulf Schmiese – erfuhren im Verlauf des 98-minütigen Films, dass Nila durch eine „Zeitehe“ (Persisch: „Sighe“) zur Welt gekommen ist. Diese stellen einen rechtlichen Sonderweg im schiitischen Islam dar, zeitlich begrenzte intime Beziehungen zu führen – auch neben bestehenden Ehen. Da die Mindestdauer einer Sighe nur eine halbe Stunde beträgt, wird sie in manchen Fällen als Deckmantel für legale Prostitution genutzt, wie Taghizadeh berichtet.
Nilas Eltern wiederum haben ihre Zeitehe nie offiziell registriert und nach ihrer Geburt erkennt ihr Vater sie nicht als Tochter an. Die Folge: Nila bekommt keine Geburtsurkunde, weshalb sie nicht zur Schule gehen kann. Es beginnt ein sechs Jahre andauernder Rechtsstreit: Leyla versucht, die Rechte ihrer Tochter juristisch zu erkämpfen, während ihr Vater sein Kind verleugnet.
„Nilas Traum im Garten Eden“ wurde teilweise mit versteckten Kameras und unter großem Risiko gedreht. Das wird bei einer Szene vor dem Gerichtsgebäude deutlich, als ein Sicherheitsmann das Handy von Taghizadeh entdeckt, mit dem sie ein Interview mit Leyla aufzeichnet. Barsch nötigt der Mann die beiden, ihm zu folgen. Nicht nur hier liefert die Doku einen Einblick in die Lebensrealität von Frauen und Mädchen im Iran, die unter den patriarchalen Strukturen leiden. Aller Gefahren zum Trotz betonte die Regisseurin beim Publikumsgespräch, dass es nicht mutig war, diesen Film zu verwirklichen – sondern notwendig.